Qualitätskultur und Ethik – klingt nach Theorie? Wird jetzt Praxis.
Qualitätskultur und Ethik? Klingt erstmal nach Elfenbeinturm. Vielleicht sogar nach Philosophie-Seminar. Aber: Ab 2026 werden beide Themen fester Bestandteil von ISO 9001 Audits sein.
👉 Die neue Norm will wissen, wie in Ihrer Organisation geführt, entschieden und zusammengearbeitet wird. Nicht nur auf dem Papier – sondern im Alltag. Ein zusätzlicher ISO-Baustein? Auf den ersten Blick vielleicht.
Aber wer genauer hinschaut, versteht vielleicht: Hier steckt enormes Potenzial für modernes Qualitätsmanagement.
In der aktuellen Podcastfolge von QM mit Sinn und Verstand spreche ich über genau das – und hier lesen Sie, wie Sie Kultur und Ethik konkret und praxistauglich ins QM integrieren.
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1. ISO 9001 Revision 2025: Warum Qualitätskultur und Ethik jetzt Pflicht werden
Was steht im neuen Norm-Entwurf konkret zu Qualitätskultur?
Im Entwurf der ISO 9001:2025 sind Qualitätskultur und ethisches Verhalten an mehreren Stellen ausdrücklich genannt:
-
Abschnitt 5.1 – Führung:
Führungskräfte sollen aktiv eine Kultur der Qualität fördern – und ein Umfeld schaffen, das Integrität ermöglicht. -
Abschnitt 7.3 – Bewusstsein:
Alle Mitarbeitenden sollen die Kultur und das ethische Verhalten im Unternehmen verstehen – nicht nur das QM-Team. -
Abschnitt 7.1.4 – Arbeitsumfeld:
Das Arbeitsumfeld muss ethisches Verhalten unterstützen. -
Abschnitt 5.2.1 – Qualitätspolitik:
Die Qualitätspolitik soll mit Vision, Mission und ethischen Prinzipien verknüpft sein.
Und: Im Anhang der Norm werden sogar konkrete Beispiele gegeben, wie Qualitätskultur gefördert werden kann – von Werteleitlinien bis Hinweisgebersystem.
Wie ist der Begriff der Ethik in der ISO 9001 verankert?
Ethik meint laut ISO nicht Moralpredigten, sondern eine gelebte Haltung im Umgang mit Verantwortung:
- Werden Fehler zugegeben – auch wenn’s unbequem wird?
- Wird fair entschieden – auch bei Konflikten?
- Wird Kundenzufriedenheit wirklich ernst genommen?
Ethik ist der innere Kompass. Qualitätskultur ist das Verhalten im Alltag. Beides ist künftig Teil Ihres Audits.
🎧 Und hier erst mal der Podcast zur Folge!
2. Politik, Kultur, Ethik: Die drei Ebenen des modernen Qualitätsmanagements
Was ist Qualitätskultur – und was ist sie nicht?
Viele Organisationen haben eine Qualitätspolitik. Sie hängt im Flur, steht auf der Website – und klingt richtig gut.
Qualitätskultur fragt: „Was passiert, wenn keiner hinschaut?“
Wie wird im Alltag mit Feedback umgegangen? Wie spricht man über Fehler – ehrlich oder höflich drüber hinweg? Werden Verbesserungsvorschläge wirklich gehört?
Kultur ist das, was man spürt, wenn man im Unternehmen unterwegs ist.
Nicht, was auf dem Poster steht.
Wie unterscheidet sich Ethik von Qualitätspolitik?
- Politik ist, was die Organisation vorgibt.
- Kultur ist, was tatsächlich passiert.
- Ethik ist die Haltung, mit der Entscheidungen getroffen werden.
Zusammen ergeben sie die echte Qualität im Management. Und genau das rückt die ISO jetzt ins Zentrum.
3. Warum das Thema wichtig ist – auch für Prozesse, Motivation und Zukunftsfähigkeit von QM und Organisationen
Wirkung von Kultur auf Fehlervermeidung, Innovation und Zusammenarbeit
Warum bringt die ISO das Thema gerade jetzt? Weil sie – wie viele Organisationen – erkennt: Prozesse allein reichen nicht.
Wenn die Kultur nicht stimmt:
- werden Fehler vertuscht
- werden schlechte Entscheidungen nicht hinterfragt
- wird Innovation blockiert
Eine gesunde Qualitätskultur dagegen sorgt dafür, dass:
- Mitarbeitende sich sicher fühlen
- Feedback genutzt statt ignoriert wird
- gute Ideen nicht an „Dienst nach Vorschrift“ scheitern
Was Qualitätskultur mit Resilienz und Vertrauen zu tun hat
Die Welt verändert sich rasant: Digitalisierung, Fachkräftemangel, gesellschaftliche Erwartungen. Was Unternehmen jetzt brauchen: Vertrauen, Transparenz, Fairness.
Und genau das fördert eine gute Qualitätskultur.
➡️ Prozesse sind die Basis.
Aber ohne Kultur und Ethik verpufft ihre Wirkung – oder wird sogar untergraben.
4. Qualitätskultur im QM-Alltag sichtbar machen – ohne großen Aufwand
Bestandsaufnahme mit der ISO 10010 & dem Kulturchecker
Es braucht kein Leitbild-Relaunch und keinen Werte-Workshop.
Starten Sie klein – mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme.
📌 Grundlage dafür: Die ISO 10010.
Sie enthält konkrete Reflexionsfragen wie:
- Werden Fehler offen angesprochen?
- Wird Kundenfeedback ernst genommen?
- Wird Verantwortung auch übernommen, wenn es schwierig wird?
💡 Ich habe daraus den Kulturchecker entwickelt – ein KI-gestützter Selbsttest, mit dem Sie Ihre Organisation analysieren können.
Den Kulturchecker finden Sie am Ende vom Blog.
Impulse statt Workshop: Kleine Fragen mit großer Wirkung
Sie müssen keine neue Kampagne starten. Stellen Sie einfache Fragen in Meetings:
- „Was hat unsere Kund:innen diese Woche begeistert?“
- „Wo haben wir Verantwortung übernommen – und was hat das verändert?“
- „Gibt es Themen, über die wir zu selten ehrlich sprechen?“
Oder: Bitten Sie das Team, eine Alltagsgeschichte zu erzählen: „Wann hat jemand aus dem Team etwas getan, das Qualität wirklich spürbar gemacht hat?“
Geschichten prägen Kultur. Und sie eröffnen Räume für Veränderung – ganz ohne Flipchart.
5. Qualitätskultur in die Organisation tragen: Kommunikation, Beteiligung, Alltag
Beobachtungen und Gespräche als Startpunkt
Kultur beginnt mit Beobachtung. Wenn Sie z. B. feststellen: „Reklamationen werden zwar bearbeitet – aber selten als Chance gesehen.“
… dann sprechen Sie das an. Ohne Vorwurf – mit Neugier: „Wie wäre es, wenn wir Reklamationen nutzen, um präventiv besser zu werden?“
So entstehen Gespräche, statt Maßnahmenpläne.
Storytelling, Fragen und Reflexion im Team nutzen
Werten Sie Kultur nicht. Erforschen Sie sie.
Fragen wie:
- „Was bedeutet für uns eigentlich Qualität – im Alltag?“
- „Woran merken Kund:innen, dass wir fair sind?“
- „Wo zeigen wir Haltung, auch wenn’s unbequem wird?“
Diese Fragen bringen Ethik und Kultur vom Papier in die Praxis. Nicht als Zusatzthema – sondern als das, was QM immer sein sollte: lebendig, menschlich, wirksam.
6. Wie Sie Ihre Geschäftsführung überzeugen – Nutzenargumente für Führungskräfte
Weniger Reibungsverluste, mehr Motivation, bessere Reputation
Was bringt das alles konkret?
1. Schnellere Abläufe: Weniger Konflikte, weniger Eskalationen → Prozesse laufen runder
2. Mehr Motivation: Mitarbeitende verstehen Sinn und Zweck → mehr Engagement, bessere Ideen
3. Bessere Außenwirkung: Kund:innen merken: Hier wird Qualität gelebt, nicht nur versprochen
4. Geringeres Risiko: Fehler werden angesprochen, statt vertuscht → mehr Stabilität
Rückendeckung organisieren – Schritt für Schritt
So gewinnen Sie Ihre Führung:
- Verbündete finden: Eine Führungskraft reicht als Start
- Erste Erfolge zeigen: Kleine Kulturveränderung, große Wirkung
- Positiver Rahmen: Nicht „wir müssen“, sondern „wir können gemeinsam besser werden“
Und wenn Sie wollen, verweisen Sie einfach auf die neue ISO 9001 Revision – die fordert das schließlich. 😉
📝 Fazit: Kultur ist keine Kür – sie ist der Kern
Qualitätskultur ist kein Add-On. Sie ist das Fundament, auf dem gutes QM gedeiht. Und jetzt ist der perfekte Moment, um damit zu beginnen – nicht mit einem Riesenprojekt, sondern mit kleinen, ehrlichen Impulsen:
- Fragen stellen
- Beobachtungen teilen
- Haltung zeigen
So entsteht Veränderung – nicht auf dem Poster, sondern im Alltag.
🎧 Im Podcast erfahren Sie außerdem:
- welche Stellen in der ISO konkret betroffen sind
- wie Kulturfragen im Audit auftauchen
- und wie Sie den Kulturchecker direkt nutzen können
Wenn Sie nicht alleine fragen wollen - gerne begleite ich Sie in Form von Coachings, Trainings oder Workshops. Einfach mail an mail@mq-koeln.de.
❓ Häufige Fragen zur ISO 9001-Revision: Qualitätskultur & Ethik
🔍 1. Was versteht die ISO 9001 unter Qualitätskultur – und warum ist sie jetzt relevant?
Mit der ISO 9001 Revision 2025 rückt ein bisher wenig beachtetes Thema ins Zentrum: Qualitätskultur. Darunter versteht die Norm die Summe aller gelebten Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen, die Qualität in einer Organisation prägen.
Sie geht damit über das Formale hinaus – von der dokumentierten Qualitätspolitik hin zu dem, was im Alltag tatsächlich geschieht.
Typische Fragen im Zusammenhang mit Qualitätskultur:
- Wie wird im Unternehmen über Fehler gesprochen?
- Wie wird mit Kundenfeedback umgegangen?
- Welche Bedeutung haben Werte wie Fairness, Offenheit oder Verlässlichkeit im täglichen Tun?
Die Relevanz ergibt sich daraus, dass die beste Prozessbeschreibung nichts nützt, wenn die Kultur sie untergräbt. Die Norm erkennt an: Ohne gelebte Qualitätshaltung gibt es keine nachhaltige Qualitätssicherung.
Beispiel aus der Praxis:
Ein Unternehmen hat eine tolle Feedbackstruktur – aber niemand traut sich, Kritik zu äußern. Dann hilft das schönste System nichts. Genau hier setzt der Kulturbegriff an.
🧩 2. Wie kann ich Qualitätskultur im QM sichtbar machen – ohne riesige Projekte zu starten?
Die gute Nachricht: Sie brauchen keinen Werte-Workshop, kein Leitbild-Gremium und keine externe Beratung. Der Einstieg gelingt niedrigschwellig – durch Beobachtung, ehrliche Gespräche und einfache Fragen:
Hier ein paar Möglichkeiten für den Alltag:
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Fragen in Meetings einbauen:
– „Welche Entscheidung der letzten Woche war aus Sicht der Qualität besonders gut?“
– „Wo haben wir eine Reklamation genutzt, um zu lernen?“ -
Sprachgewohnheiten hinterfragen:
– Wird in der Organisation eher von Schuld oder von Verantwortung gesprochen?
– Wird „Qualität“ nur im Zusammenhang mit Auditstress verwendet? -
Beobachtungen systematisch notieren:
– Was fällt Ihnen im Team oder im Führungshandeln auf?
– Welche Widersprüche gibt es zwischen offiziellen Aussagen und dem, was gelebt wird? -
Geschichten sammeln:
– Erzählen lassen: Wann hat jemand Haltung gezeigt? Wann wurde Qualität sichtbar?
➡️ All diese Mikroimpulse machen die Kultur nach und nach sichtbar – ohne zusätzliche Ressourcen.
Tipp: Starten Sie eine "Kulturminute" im Jour fixe – 1 Frage, 1 Antwort, 1 Impuls.
📘 3. Welche Rolle spielt die ISO 10010 bei der Umsetzung von Qualitätskultur?
Die ISO 10010 ist ein Leitfaden zur Entwicklung und Pflege einer Qualitätskultur und damit die perfekte Ergänzung zur ISO 9001.
Was steht drin?
- Definitionen rund um Kultur, Ethik und Qualitätsverhalten
- Praxisbeispiele zur Kulturgestaltung (z. B. Werte-Dialoge, Mitarbeiterbefragungen)
- eine Art Selbstbewertungs-Checkliste, mit der Sie die aktuelle Kultur einschätzen können
- Vorschläge zur Integration in bestehende Managementsysteme
Sie eignet sich hervorragend als Startpunkt für eine interne Bestandsaufnahme.
💡 Mein Vorschlag: Nutzen Sie meinen interaktiven Kulturchecker, der auf der ISO 10010 basiert.
In wenigen Minuten bekommen Sie ein Bild davon, wo Ihre Organisation steht – und konkrete Ideen, wo und wie Sie ansetzen können.
🧾 4. Wie kann ich Qualitätskultur auditfähig dokumentieren – ohne Bürokratiemonster zu bauen?
Das Wichtigste vorweg: Die ISO 9001 schreibt keine bestimmte Form der Dokumentation vor. Es geht darum, zu zeigen, dass Sie sich systematisch mit Kultur und Ethik beschäftigen – nicht darum, ein Kulturhandbuch zu erstellen.
Hier einige pragmatische Wege der Dokumentation:
✔️ Beobachtungen systematisch erfassen:
- Führen Sie ein QM-Kulturjournal mit Beispielen aus dem Alltag
- Halten Sie konkrete Impulse und Rückmeldungen aus Teamgesprächen schriftlich fest
✔️ Ergebnisse aus dem Kulturchecker dokumentieren:
- PDF speichern, Zusammenfassung im QM-Bericht vermerken
- Aussagen als Grundlage für Maßnahmen nutzen
✔️ Reflexionen im Management Review integrieren:
- Ergänzen Sie Ihre Managementbewertung um die Rubrik: „Kulturelle Aspekte der Qualität“
- Vermerken Sie z. B. positive Entwicklungen im Umgang mit Feedback, Verantwortung oder Zusammenarbeit
✔️ Interne Audits nutzen:
- Bauen Sie Kulturfragen in Ihren Fragenkatalog ein (z. B. „Wie erleben Sie bei sich im Team das Thema Verantwortung?“)
✅ All das zeigt: Sie nehmen die neue Normanforderung ernst – ohne neue Bürokratie zu erzeugen.
👥 5. Wie überzeuge ich meine Geschäftsführung vom Mehrwert von Qualitätskultur und Ethik?
Führungskräfte lieben Zahlen – aber auch sie sind Menschen. Und Menschen überzeugen Sie nicht nur mit Normen, sondern mit Nutzen.
Argument 1: Effizienz & Kostenersparnis
- Weniger Konflikte, weniger Eskalationen, reibungslosere Abläufe
- Fehler werden früher erkannt – und damit günstiger gelöst
Argument 2: Motivation & Mitarbeiterbindung
- Wer sich sicher fühlt und ernst genommen wird, bringt sich eher ein
- Gute Kultur = weniger Fluktuation = geringere Recruiting-Kosten
Argument 3: Reputation & Kundenzufriedenheit
- Kunden merken, ob Qualität gelebt oder nur behauptet wird
- Faire Kommunikation und verantwortliches Handeln stärken die Marke
Argument 4: Zukunftssicherheit
- Organisationen mit starker Kultur sind widerstandsfähiger – gerade in Krisenzeiten
➡️ Formulieren Sie Ihre Argumente positiv und lösungsorientiert:
„Wenn wir Kultur und Ethik gezielt angehen, stärken wir die Qualität von innen – und das bringt der Organisation direkt etwas.“
Tipp: Suchen Sie sich eine Verbündete im Führungsteam. Allein ist es schwer – zu zweit wird es leichter.
🎤 Bonusfrage: Wie reagieren Auditor:innen auf das Thema Kultur – und was wird konkret gefragt?
Die ISO 9001:2025 wird Kultur und Ethik explizit prüfen – und das macht sie auditrelevant.
Auditor:innen werden nicht erwarten, dass Sie ein „perfektes Wertesystem“ präsentieren.
Aber sie wollen sehen:
- Haben Sie sich mit der Thematik beschäftigt?
- Gibt es konkrete Beispiele für gelebte Kultur?
- Wie wird Führung in der Organisation erlebt – und was bedeutet Qualität für Mitarbeitende?
Mögliche Auditfragen:
- „Wie wird Qualität in Ihrer Organisation spürbar – jenseits von Prozessen?“
- „Wie geht Ihre Führung mit Fehlern um?“
- „Gibt es einen Mechanismus, um ethische Konflikte offen anzusprechen?“
- „Welche Werte leiten Ihr Handeln – und wie kommunizieren Sie das intern?“
💡 Seien Sie ehrlich. Es geht nicht um Perfektion – sondern um Bewusstsein und Reflexion. Und: Beispiele wirken stärker als Konzepte.
